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Ansprache des Chargé d‘affaires a.i. Dr. Johannes Dietrich anlässlich des Volkstrauertags, Deutscher Soldatenfriedhof Tirana, 17.11.2019

17.11.2019 - Rede

„Es muss alles gelogen und belanglos sein, wenn die Kultur von Jahrtausenden nicht einmal verhindern konnte, dass diese Ströme von Blut vergossen wurden, dass diese Kerker der Qualen zu Hunderttausenden existieren. Erst das Lazarett zeigt, was der Krieg ist.“

Den Krieg und seine Gräuel beschreibt kaum ein Autor so eindringlich wie Erich Maria Remarque in seinem Werk „Im Westen nichts Neues“. Auch heute – nach über 7 Jahrzehnten Frieden in Europa - mahnen uns seine Worte, die Erinnerung an das Unfassbare, an das Unbeschreibliche, die Schrecken und Leiden von Krieg und Gewalt niemals zu vergessen.

Sehr geehrte Frau General Shehu,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Mitglieder der deutschen Gemeinde in Albanien,

Wie in jedem Jahr gedenken wir weltweit am heutigen Volkstrauertag der Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Terror.

Wir gedenken aller Opfer die in den Kriegen gefallen sind. Wir gedenken insbesondere auch der vielen Zivilisten, die Opfer von Gewalt wurden. Viele Menschen starben insbesondere in der Endphase des Zweiten Weltkriegs auf der Flucht oder nach gewaltsamer Vertreibung oder auch als Opfer brutaler Gewaltverbrechen.

Wir sind heute an dieser Grabstätte zusammen gekommen, wo fast 60 deutsche Soldaten bestattet wurden, die überwiegend gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Zentralalbanien den Tod fanden. Hier auf dem Balkan haben beide Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts mehr als 1 Million Opfer gefordert. Aber diese Region kam auch danach nicht zur Ruhe: infolge von Diktatur und Bürgerkriegen kam es auf dem Balkan zu neuer Gewalt, deren Wunden bis heute nicht überall verheilt sind.

Auch heute, gut 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und über 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind Konflikte, Kriege, Flucht und Vertreibung in vielen Teilen der Welt, so auch in unserer südlichen und östlichen Nachbarschaft, immer noch traurige Realität.

Das mahnt uns heute, aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu gedenken, ihren Tod aber in einen historischen Kontext zu stellen und die Lektion der Geschichte zu lernen und zu lehren.
So wie die Geschichte keinen Automatismus kennt, weil sie von Menschen gemacht ist, ist Demokratie und Frieden kein Zustand von Gesellschaften, der, sobald er einmal erreicht ist, ohne weitere Anstrengungen fortbesteht. Sie müssen immer wieder aufs Neue erkämpft und auch verteidigt werden.

Frieden und Wohlstand können nur dann langfristig gesichert werden, wenn die internationale Gemeinschaft es schafft, gemeinsam kluge, nachhaltige und gerechte Lösungen für die Fragen unserer Zeit zu finden. Das kann nur im Dialog geschehen.

Und das gilt auch für die Zukunft und die künftige Rolle Europas in der Welt: Gerade jetzt, wenn sich bislang verlässliche Partner aus ihrer Verantwortung zurückziehen und Krisen und Konflikte in der Welt weiter zunehmen, müssen wir alles daran setzen, den Zusammenhalt Europas weiter zu stärken. Die Europäische Union ist das größte und erfolgreichste Friedensprojekt, das je geschaffen wurde. Die EU-Integration ist daher auch für Albanien und die anderen Länder des Westbalkans von fundamentaler Bedeutung für die weitere Stärkung von Frieden und Zusammenarbeit. Deutschland wird sich daher auch weiterhin mit aller Kraft für die EU-Integration Albaniens und der Region des Westbalkans einsetzen.

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